Grundlagenpapier zur Landtagswahl am 14. März

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Die Kooperationsvereinbarung des Kultusministeriums mit der Bundeswehr kündigen  – die Servicestelle Friedensbildung Baden-Württemberg ausbauen

Schulen als freie Räume des Lernens, Wissens und Entdeckens

Wir sind davon überzeugt, dass es eine wesentliche Aufgabe des Bildungssystems, insbesondere der Schulen, ist, Haltungen und Positionen zu den Grundfragen des friedlichen Zusammenlebens in der eigenen und in der Weltgesellschaft zu entwickeln und Chancen auf Mitgestaltung zu erkennen und wahrzunehmen. Dabei ist aus unserer Sicht entscheidend, dass der Lernort Schule, an dem Kinder und Jugendliche zu selbstständigem, eigenschöpferischen Lernen und Gestalten angeregt werden, weitestgehend dem Wettbewerb politischer, wirtschaftlicher und sozialer Partikularinteressen entzogen ist. Denn dieser Wettbewerb findet unter strukturell Ungleichen statt und, einmal in Schulen hineingetragen, begrenzt und behindert er die freie Entfaltung junger Menschen und das Entdecken ihrer Talente, Fähigkeiten und Interessen. Mit anderen Worten: Schulen dürfen nicht zu Arenen konkurrierender externer Interessen werden. Orientiert am humboldtschen Bildungsbegriff möchten wir daher Schulen als freie Räume des Lernens, Wissens und Entdeckens stärken! Um dies umzusetzen, bedarf es wachsender Investitionen in Bildung, u.a. um die bestmögliche Ausbildung von Lehrer*innen und die bestmögliche Ausstattung von Schulen zu ermöglichen.

Auf dieser Grundlage kommen wir in Verbindung mit dem Auftrag der baden-württembergischen Landesverfassung, „die Jugend zur Brüderlichkeit aller Menschen und zur Friedensliebe zu erziehen“, zu folgenden Positionen: Die Präsenz von sogenannten „Jugendoffizieren“ der Bundeswehr in Schulen, die Aktivitäten von sogenannten „Karriereberater*innen“ der Bundeswehr im Umfeld der Schulen (insbesondere im Rahmen von Veranstaltungen der Berufsorientierung) sowie das Engagement von Rüstungsunternehmen zur Unterstützung von Schulen ist kategorisch abzulehnen. Entsprechende Kooperationsvereinbarungen müssen daher aufgehoben werden.

Kooperationsvereinbarungen kündigen …

Seit 1958 arbeiten die Jugendoffiziere in vielfältiger Weise an und mit den Schulen. In Baden-Württemberg gibt es seit 2009 eine Kooperationsvereinbarung des Kultusministeriums mit der Bundeswehr, die 2014 modifiziert wurde und die Tätigkeit der Jugendoffiziere etwas eingrenzt. Jugendoffiziere treten im Unterricht, in der Referendar*innenausbildung sowie in der Fort- und Weiterbildung von Lehrer*innen auf. Somit erhalten sie mit dieser Vereinbarung einen privilegierten Zugang zu den Schulen.

Seit dem Aussetzen der Wehrpflicht im Juli 2011 intensiviert die Bundeswehr ihre Nachwuchswerbung. Für Werbemaßnahmen (Plakate, Filme, You-Tube Serien etc.) werden jährlich 30 Millionen Euro ausgegeben. Die Bundeswehr setzt verstärkt Karriereberater*innen zur Anwerbung von Jugendlichen in den Schulen ein. Sie werben dort um Nachwuchs für die Streitkräfte und stellen die Bundeswehr als Arbeitgeber wie jeder andere dar. Jugendlichen wird ein normaler Job versprochen. Diese Aktivitäten werden von der Kooperationsvereinbarung nicht erfasst.

Der UN-Ausschuss für die Rechte des Kindes hat Deutschland schon mehrfach aufgefordert, das Rekrutierungsalter auf 18 Jahre zu erhöhen. Dagegen verstößt die Bundesrepublik als eines der wenigen Länder weltweit. Seit 2011 wurden mehr als 15.000 Minderjährige einberufen. Mit diesen Werbeaktivitäten ist die Zahl der Minderjährigen bei der Bundeswehr sprunghaft gestiegen.

Die örtlichen Einwohnermeldeämter geben die Daten junger Erwachsener an die Wehrbehörden weiter. Diese senden den Jugendlichen im Alter von 16/17 Jahren gezielt Werbung für die Bundeswehr zu. Viele Jugendliche wissen nicht, dass sie mit einem Widerspruch die Weitergabe ihrer Daten verhindern können.

… Friedensbildung fördern

Ausgehend von einem Beschluss der badischen Landeskirche setzt sich die Initiative „Sicherheit neu denken“ für ein nachhaltiges und ziviles Deutschland bis 2040 ein. Baden-Württemberg soll zu einem Zentrum des Friedens, der Zivilen Konfliktbearbeitung und der Konversion werden.

Die 2015 eingerichtete Servicestelle Friedensbildung in Trägerschaft des Kultusministeriums, der Landeszentrale für politische Bildung und der Berghof Foundation, unter beispielhafter Beteiligung von 17 Organisationen der Zivilgesellschaft, ist ein ‚Leuchtturmprojekt‘ weit über die Landesgrenzen hinaus. Sie vernetzt, veröffentlicht und setzt viele neue Impulse, z.B. durch Modellschulen. Sie stärkt damit Impulse einzelner Unterzeichner-Organisationen wie den Ulli-Thiel-Friedenspreis für Schulen.

Unsere Forderungen

  • Die Servicestelle Friedensbildung Baden-Württemberg strukturell und personell ausbauen

Die erfolgreiche Arbeit der Servicestelle Friedensbildung ist ein Leuchtturmprojekt, das über die Landesgrenzen von Baden-Württemberg hinausstrahlt. Die gesamte Friedensarbeit wird jedoch von lediglich 1,5 Personen geleistet, was bei Weitem nicht ausreicht. Für die nächsten Jahre bedarf es eines deutlichen finanziellen und personellen Ausbaus, um die vielen Aufgaben zu bewältigen.

  • Friedensbildung an baden-württembergischen Hochschulen etablieren

Wir streben die Verankerung der Querschnittsaufgabe Friedensbildung insbesondere im Bereich der Lehrer*innenausbildung an Universitäten und Pädagogischen Hochschulen des Landes an. Ein wichtiger Meilenstein ist dabei die Einrichtung einer ordentlichen Professur für Friedensbildung bzw. Friedenspädagogik, die, als erste ihrer Art in Deutschland, die Weiterentwicklung und den Ausbau der Friedensbildung in Theorie und Praxis begleitet und fördert.

  • Die Kooperationsvereinbarung des Kultusministeriums mit der Bundeswehr aufheben

Schule soll kein Ort der Nachwuchswerbung sein und Minderjährige dürfen nicht in die Bundeswehr einberufen werden. Schule soll ein Ort der Friedensbildung werden. Deshalb erwarten wir, dass die Kooperationsvereinbarung mit der Bundeswehr gekündigt wird.

  • Kooperationen von Schulen und Rüstungsbetrieben untersagen

In einigen Regionen von Baden-Württemberg, z.B. am Bodensee, gibt es Kooperationen zwischen Schulen und Rüstungsbetrieben. Solche Kooperationen beinhalten zweierlei Gefahrenpotenziale. Die attraktiven Berufsmöglichkeiten könnte Schüler*innen den Blick verstellen, dass der Wohlstand der Region auch auf todbringenden Waffen beruht. Eine zu enge Kooperation zwischen Schule und Rüstungsbetrieb könnte manche Schule dazu bringen, ihre Kritik an den Rüstungsbetrieben verstummen zu lassen, falls die Schule Spendengelder der Rüstungsfirma erhält, z.B. an den Förderverein der Schule.

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